Nahschuss
„Nahschuss“ zeigt den moralischen Zerfall eines Mannes, der sich in einem repressiven System verliert. Franz Walter erhält nach seiner Promotion eine vielversprechende Zukunftsaussicht, wenn er sich für eine begrenzte Zeit der Staatssicherheit verpflichtet. Er glaubt, eine sinnvolle Aufgabe zu übernehmen, doch schnell merkt er, dass er an skrupellosen Aktionen beteiligt ist. Er wird in eine Welt der Kontrolle, Täuschung und Angst hineingezogen. Die Methoden des Geheimdienstes machen ihm zu schaffen, doch jeder Versuch, sich loszulösen, hat Konsequenzen. Je tiefer er verstrickt wird, desto mehr spürt er die Machtstrukturen, die ihn umgeben.
Dauer: | 116 Min. |
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FSK: | ab 12 Jahren |
Jahr: | 2021 |
Regie: | Franziska Stünkel |
Produzenten: | Daniel Blum, Gerrit Gronau, Olaf Grunert |
Hauptdarsteller: | Lars Eidinger, Luise Heyer, Devid Striesow |
Nebendarsteller: | Paule Kalenberg, Victoria Trauttmansdorff, Peter Benedict |
Studio: | ARTE, C-Films |
Sprachen: | Deutsch, English |
Seine Zweifel wachsen, während sein Leben immer stärker von der Stasi beeinflusst wird. Der Geheimdienst lässt ihn nicht aussteigen, sondern nutzt Druckmittel, um ihn gefügig zu halten. Er verfällt psychisch und körperlich, während die Kontrolle über sein eigenes Schicksal immer mehr schwindet. Die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimmen, doch gibt es für ihn überhaupt noch eine Chance auf Befreiung?
Besetzung, Drehorte & Infos
„Nahschuss“ ist ein deutsches Filmdrama von Franziska Stünkel, das 2021 in die Kinos kam. Die Regisseurin übernahm auch das Drehbuch, während Bettina Wente und Wolfgang Cimera die Produktion leiteten. Nikolai von Graevenitz stand hinter der Kamera, und Karim Sebastian Elias komponierte die Musik. Der Film basiert auf der Lebensgeschichte von Werner Teske, dem letzten Hinrichtungsopfer der DDR. In den Hauptrollen sind Lars Eidinger als Franz Walter, Luise Heyer als Corina Walter und Devid Striesow als Dirk Hartmann zu sehen. Moritz Jahn spielt Renner, Paula Kalenberg übernimmt die Rolle von Klara, Victoria Trauttmansdorff verkörpert Professorin Link und Ada Philine Stappenbeck tritt als Luisa Langfeld auf. Peter Benedict komplettiert die Besetzung als Schreiber.
Die Dreharbeiten begannen im November 2019 und fanden an mehreren historischen Orten in Berlin statt. Dazu gehören das frühere Ministerium für Staatssicherheit sowie die Untersuchungshaftanstalt in Berlin-Hohenschönhausen. Zusätzlich entstanden Szenen in Lünen. Die Produktion erhielt finanzielle Unterstützung von mehreren deutschen Filmförderinstitutionen, darunter die Film- und Medienstiftung NRW sowie die nordmedia Fonds GmbH.
„Nahschuss“ verzichtet weitgehend auf nicht-diegetische Musik, um eine realistische Klangkulisse zu schaffen. Lediglich im Abspann erklingt eine eigens komponierte Melodie. Als Teil der Handlung werden Songs von Karat, Ton Steine Scherben und der Band City verwendet. Die Premiere fand im Juli 2021 beim Filmfest München statt. Im Oktober 2021 wurde der Film beim Chicago International Film Festival präsentiert. Dort erhielt er eine Nominierung im Wettbewerb für neue Regisseure. Beim Filmfest München wurde Franziska Stünkel mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino und dem One Future Preis ausgezeichnet. Außerdem war „Nahschuss“ für den deutschen Filmpreis nominiert und wurde als deutscher Beitrag für die Oscarverleihung 2022 eingereicht.
Inhalt & Handlung vom Film „Nahschuss“
Franz Walter, ein talentierter Wissenschaftler, erhält nach seiner Promotion ein vielversprechendes Angebot. Ihm wird eine Professur in Aussicht gestellt, wenn er ein Jahr für die Hauptverwaltung Aufklärung der DDR arbeitet. Zusätzlich bekommt er mit seiner Frau Corina eine luxuriöse Wohnung in Ost-Berlin. Sein Führungsoffizier Dirk Hartmann weist ihn an, den geflohenen Fußballspieler Horst Langfeld zurückzuholen. Langfeld spielt inzwischen beim Hamburger SV, doch die DDR will ihn für propagandistische Zwecke zurückgewinnen. Walter nimmt den Auftrag an und reist mit Hartmann nach Hamburg. Dort beginnt er mit seinen ersten nachrichtendienstlichen Aufgaben, wobei er strenge Geheimhaltung einhalten muss.
Um Langfeld zur Rückkehr zu bewegen, setzt die Stasi perfide Methoden ein. Der Fußballer Bodo Renner gerät durch eine inszenierte Sexfalle unter Druck und liefert private Informationen über Langfeld. Gleichzeitig wird Langfelds Ehefrau mit einer erfundenen Krebsdiagnose manipuliert. Die psychologische Kriegsführung zeigt Wirkung, doch Walter fühlt sich zunehmend unwohl mit seiner Rolle. Als Langfeld tot in seiner Badewanne gefunden wird, steigt Walters Misstrauen. Die offizielle Todesursache lautet Suizid, doch die Umstände bleiben undurchsichtig. Renner verbreitet in den Medien, dass Langfeld sich im Westen nie wohlgefühlt habe. Walter erkennt, dass er sich in ein System verstrickt hat, das keine Skrupel kennt.
Der Ausweg scheint unmöglich
Walter versucht, sich von der HVA zu lösen, doch der Geheimdienst blockiert seinen Ausstieg. Erpresser setzen ihn unter Druck und zwingen ihn zur weiteren Zusammenarbeit. Die Behörden koppeln die Augenoperation seiner Mutter an seine Loyalität. Seine Verzweiflung wächst, er trinkt immer häufiger, seine Ehe mit Corina zerbricht. Als er streng geheime Dokumente aus dem Tresor seines Büros entwendet, eskaliert die Situation. Die Stasi bemerkt den Verrat und überwacht ihn lückenlos. Der Überläufer Schulte aus seinem Umfeld flieht in den Westen und alarmiert die Staatssicherheit zusätzlich. Walter steht im Fokus der Behörden, während seine Lage immer auswegloser wird.
Schließlich nehmen die Behörden Walter fest und bringen ihn vor Gericht. Der Vorwurf der Spionage dient als Vorwand, um ein Exempel zu statuieren. Die Anklage soll potenzielle Abweichler abschrecken und den Gehorsam sichern. Das Gericht verurteilt ihn zum Tode und vollstreckt das Urteil mit einem gezielten Nahschuss. Die Behörden lassen seine Leiche einäschern, ohne seinen Angehörigen eine Verabschiedung zu ermöglichen. Die DDR demonstriert kompromisslose Härte gegen vermeintliche Verräter. Walters letzte Hoffnung auf Rettung zerbricht endgültig.
Filmkritik und Fazit zum Film „Nahschuss“
Franziska Stünkels Film „Nahschuss“ bietet einen intensiven Einblick in die Mechanismen der DDR-Staatssicherheit. Lars Eidinger verkörpert den Ingenieur Franz Walter, der durch verlockende Angebote in die Fänge der Stasi gerät. Seine Darstellung fängt die zunehmende innere Zerrissenheit präzise ein. Die Kameraarbeit von Nikolai von Graevenitz verstärkt mit sepiafarbenen Bildern die beklemmende Atmosphäre. Die Entscheidung, auf nicht-diegetische Musik zu verzichten, lenkt den Fokus auf die natürliche Geräuschkulisse und intensiviert die Authentizität des Films.
Die narrative Struktur wechselt zwischen Walters Tätigkeit für die Stasi und seinem späteren Prozess. Diese Erzählweise betont die Unausweichlichkeit seines Schicksals. Die Inszenierung zeigt die schrittweise Vereinnahmung eines Individuums durch ein repressives System. Die Darstellung der DDR als „Menschenzermalmungsmaschine“ lässt wenig Raum für Ambivalenz. Einige Kritiker bemängeln, dass der Film die DDR auf Folklore reduziert und die Komplexität des Unrechtsstaates nicht vollständig erfasst.
Dennoch überzeugt „Nahschuss“ durch seine intensive Atmosphäre und die starke schauspielerische Leistung von Eidinger. Der Film verdeutlicht die moralischen Dilemmata innerhalb eines totalitären Systems und regt zur Reflexion über individuelle Verantwortung an. Die Entscheidung, reale historische Ereignisse als Grundlage zu nutzen, verleiht dem Werk zusätzliche Tiefe. Trotz kleinerer Schwächen bleibt „Nahschuss“ ein sehenswertes Drama, das die Abgründe staatlicher Willkür eindrucksvoll thematisiert.