Was dein Filmgeschmack über dich verrät?

Filme sind ein Spiegel unserer innersten Psyche. Das Feld der Medienpsychologie untersucht, wie die Wahl der Unterhaltungsmedien tiefe Einblicke in unsere Persönlichkeit gewährt. Filmemacher und Autoren nutzen archetypische Erzählmuster, die in der menschlichen Psyche tief verankert sind, um beim Publikum eine emotionale Resonanz zu erzeugen.

Was dein Filmgeschmack über dich verrät?

Die Entscheidung für ein bestimmtes Genre ist daher selten zufällig. Stattdessen dient sie der bewussten oder unbewussten Befriedigung psychologischer Bedürfnisse. In diesem Artikel untersuchen wir, was die Präferenz für bestimmte Genres über unsere Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster aussagt.

Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit

Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit, auch bekannt als die Big Five, stellt eines der am weitesten verbreiteten Rahmenwerke zur Beschreibung des menschlichen Charakters dar. Dieses Modell gliedert die Persönlichkeit in fünf zentrale, voneinander unabhängige Dimensionen. Das Verständnis dieser Merkmale ist entscheidend, um zu entschlüsseln, wie und warum Menschen bestimmte Filmgenres bevorzugen.

  1. Offenheit für neue Erfahrungen: Dieses Merkmal beschreibt das Ausmaß an Abenteuerlust, Kreativität, Emotionalität und intellektueller Neugier. Personen mit hoher Offenheit sind aufgeschlossen gegenüber neuen Ideen und Künsten, reisen gerne und setzen sich mit philosophischen Gedanken auseinander.
  2. Gewissenhaftigkeit: Gewissenhafte Menschen sind diszipliniert, pflichtbewusst, leistungsorientiert und lieben Ordnung. Dieses Merkmal korreliert oft mit Erfolg in Schule und Beruf, kann aber auch zur Neigung führen, sich zu verausgaben.

  1. Extraversion: Extravertierte Menschen sind gesellig, aktiv und herzlich. Sie suchen die Gesellschaft anderer, gehen gerne auf Partys und sind oft gut gelaunt. Ihr Gegenstück, die Introvertierten, benötigen viel Zeit für sich, meiden große Gruppen und ziehen die Auseinandersetzung mit abstrakten Ideen sozialen Aktivitäten vor.
  2. Verträglichkeit: Verträgliche Personen sind im Umgang angenehm, mitfühlend, ehrlich und bescheiden. Sie sind bereit zu Kompromissen und bemühen sich, den Frieden zu wahren, während weniger verträgliche Menschen eher misstrauisch und auf den eigenen Vorteil bedacht sind.
  3. Neurotizismus: Dieses Merkmal beschreibt die emotionale Stabilität einer Person. Hohe Werte in Neurotizismus deuten auf eine Anfälligkeit für Stress und negative Emotionen hin.

Die Filmgenres im psychologischen Profil

Forschungsergebnisse zeigen klare Zusammenhänge zwischen den Big Five und der Wahl von Unterhaltungsmedien auf. Schauen wir uns die fünf Hauptgenres genauer an, einschließlich der psychologischen Mechanismen dahinter und der typischen emotionalen Reaktionen:

Actionfilme

Actionfilme Die Anziehungskraft der Actionfilme liegt in ihrer Fähigkeit, beim Zuschauer starke physiologische und emotionale Reaktionen auszulösen, die den Adrenalinstoß und die Erregung des Protagonisten nachempfinden lassen. Zuschauer, die Actionfilme bevorzugen, weisen oft eine höhere Extraversion und eine ausgeprägte Tendenz zum Sensation-Seeking auf. So finden sie im wirklichen Leben ähnliche Emotionen in Abenteuersportarten wie Klettern und Mountainbiking oder im Glücksspiel, sei es Lotto, Sportwetten, traditionelle oder Online-Casinos mit Spielautomaten und Live-Casino. Diese Hobbys befriedigen das Verlangen nach Nervenkitzel und den Umgang mit kalkulierten Risiken.

Thriller

Thriller Thriller spielen gezielt mit der menschlichen Psychologie, indem sie ein Gefühl von Unsicherheit und Bedrohung erzeugen. Dieses Genre bedient das Konzept der Angstlust, d.h. wir suchen die Konfrontation mit unseren Ängsten, aber aus einer sicheren Distanz. Ein wesentlicher psychologischer Anreiz ist das Verlangen, das Böse zu verstehen. Menschen sind fasziniert von der Psyche von Tätern und wollen die Motive hinter grausamen Taten ergründen.

Paradoxerweise deutet die Vorliebe für angsteinflößende Inhalte oft auf eine hohe emotionale Stabilität und geringen Neurotizismus hin. Wer gut mit starken Emotionen umgehen kann, lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Zusätzlich neigen Thriller-Fans dazu, sehr logisch und analytisch zu denken. Sie sind gute Problemlöser, die Zusammenhänge hinterfragen und nicht leicht zu täuschen sind.

Komödien

Komödien Psychologisch betrachtet bieten Komödien einen wichtigen Mechanismus zur Distanzierung von alltäglichen Sorgen und Problemen. Auf physiologischer Ebene führt Lachen zur Ausschüttung von Endorphinen, den körpereigenen Glückshormonen und zur Reduktion von Stresshormonen. Dieser Effekt ist so stark, dass Studien dem Lachen eine immunstärkende sowie blutdrucksenkende Wirkung zuschreiben.

Die Benign Violation Theory liefert eine tiefere psychologische Erklärung für Humor. Gemäß dieser Theorie lachen wir über etwas, das gleichzeitig als Normverletzung und als gutartig wahrgenommen wird. Ein Stolpern auf offener Straße ist eine Verletzung der Norm, wie man sich fortbewegt, wird aber als harmlos angesehen, solange der Betroffene nicht ernsthaft verletzt ist. Dieser Dualismus ist der Kern vieler komischer Situationen. Eine Präferenz für Komödien korreliert oft mit einer hohen Verträglichkeit und Extraversion.

Ein ausgeprägter Sinn für Humor und eine Präferenz für Komödien können sich in Berufen oder Hobbys ausdrücken, die auf Kommunikation und das Auslösen von Heiterkeit bei anderen abzielen, wie etwa die Organisation sozialer Veranstaltungen. Die Fähigkeit, mit Humor auf alltägliche Situationen zu reagieren, wird oft als ein Zeichen von kognitiver Flexibilität und Widerstandsfähigkeit angesehen.

Dramen

Dramen Dramen fordern den Zuschauer heraus, sich mit den komplexen und oft schmerzhaften Facetten der menschlichen Existenz auseinanderzusetzen, indem sie Themen wie persönliche Konflikte und moralische Dilemmata beleuchten. Ein Beispiel dafür ist der Film Der Vorleser, der einen tiefgreifenden moralischen Konflikt meisterhaft darstellt. Der Film erzählt die Geschichte des jungen Michael Berg, der eine Affäre mit der älteren Hanna Schmitz hat. Jahre später entdeckt er, dass Hanna Aufseherin in einem Konzentrationslager war und nun wegen Kriegsverbrechen vor Gericht steht.

Das zentrale moralische Dilemma ist vielschichtig: Michael erfährt, dass Hanna Analphabetin ist. Aus Scham über dieses Geheimnis würde sie lieber für ein Verbrechen verurteilt werden, das sie nicht begangen hat, als es preiszugeben. Michael besitzt den Schlüssel zu ihrer Verteidigung – das Wissen um ihren Analphabetismus. Doch seine Handlungen werden durch seine frühere Beziehung zu ihr und seine tiefe Scham verkompliziert. Der Film zwingt das Publikum, sich einer schwierigen Frage zu stellen: Können wir mit einer Täterin unaussprechlicher Gräueltaten empathisch sein?

Die Faszination für Dramen kann mit einer Persönlichkeit korrelieren, die zu tiefer emotionaler Reflexion und Selbstzweifel neigt, was oft mit einem hohen Maß an Neurotizismus einhergeht. Personen, die sich von Dramen angezogen fühlen, engagieren sich im wirklichen Leben oft in sozialen oder fürsorglichen Berufen und Hobbys, die ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Verständnis erfordern, wie zum Beispiel Freiwilligenarbeit oder Mentoring. Diese Aktivitäten spiegeln das Bedürfnis wider, die emotionale Welt anderer zu erkunden und zu verstehen.

Science-Fiction

Science-Fiction Die Anziehungskraft des Science-Fiction-Genres geht auf eine tiefe menschliche Eigenschaft zurück: die Neugier. Fans von Science-Fiction weisen oft eine hohe Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals „Offenheit für neue Erfahrungen“ auf. Sie suchen nach intellektueller Stimulation und neuen Denkweisen.

Science-Fiction-Filme dienen als ein Labor, in dem wir die Grenzen unserer Realität ausloten können. So spiegeln viele Geschichten über künstliche Intelligenz und Roboter unsere Faszination für technologischen Fortschritt wider, gleichzeitig verarbeiten wir aber auch unbewusst die Sorge vor Kontrollverlust oder der Ablösung durch Maschinen. Filme wie Metropolis oder Serien wie Black Mirror sind klassische Beispiele dafür, wie das Genre Ängste vor dem technologischen Fortschritt thematisiert.

Die Neugier und die Offenheit von Science-Fiction-Fans äußern sich in Hobbys, die lebenslanges Lernen und die Beschäftigung mit neuen Technologien oder philosophischen Fragen fördern. Die angeborene Neugier auf das Unbekannte treibt diese Personen an, ihr Wissen stetig zu erweitern und sich neuen, intellektuell anspruchsvollen Herausforderungen zu stellen.

Fazit zu was dein Filmgeschmack verrät

Fazit zu was dein Filmgeschmack verrät Abschließend zeigt sich, dass wenn wir unseren eigenen Filmgeschmack besser verstehen, können wir auch mehr über unsere versteckten Bedürfnisse und Motive herausfinden. In Zukunft könnte die Medienpsychologie zum Beispiel genauer untersuchen, wie Streaming-Algorithmen unsere Persönlichkeitsvorlieben verstärken oder wie bestimmte Filmgenres sogar therapeutisch bei Angst oder Stimmungstiefs eingesetzt werden können. Filme sind somit nicht nur ein kulturelles Gut, sondern auch ein mächtiges psychologisches Werkzeug!

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