Der unsichtbare Gast

Der unsichtbare Gast“ verwebt Kriminalrätsel und moralische Grenzüberschreitungen zu einer Handlung, die konsequent mit der Wahrheit spielt. Zwischen Rückblenden, neuen Versionen und gezielten Provokationen entfaltet sich eine Erzählung, in der jede vermeintliche Sicherheit zerrinnt. Die dichte Struktur lebt von ständigen Perspektivwechseln und einem Spannungsaufbau, der den Fokus auf Worte und ihre Wirkung legt.

Der unsichtbare Gast
Dauer: 110 Min.
FSK: ab 12 Jahren
Jahr:
Regie: Oriol Paulo
Produzenten: Mercedes Gamero, Adrián Guerra, Sandra Hermida
Hauptdarsteller: Ana Wagener, José Coronado, Bárbara Lennie
Nebendarsteller: José Coronado, Iñigo Gastesi, Francesc Orella
Studio: Atresmedia Cine, Think Studio
Sprachen: Deutsch, English

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Ausgangspunkt ist ein Gespräch zwischen Adrián Doria und einer vermeintlichen Strafverteidigerin. Nach und nach öffnet sich der Blick auf einen tödlichen Unfall, verschwundene Spuren und einen Racheplan, der im Hintergrund gereift ist. Wie sehr lässt sich ein Geschehen formen, wenn die Wahrheit in vielen Fassungen existiert?

Besetzung, Drehorte & Infos

Der unsichtbare Gast“ ist ein spanischer Mysterythriller aus dem Jahr 2016 unter der Regie von Oriol Paulo, der auch gemeinsam mit Lara Sendim das Drehbuch schrieb. Die Hauptrollen spielen Mario Casas als Adrián Doria, Bárbara Lennie als Laura Vidal, Ana Wagener als Virginia Goodman alias Elvira Garrido und José Coronado als Tomás Garrido. Iñigo Gastesi verkörpert Daniel Garrido Ávila, Francesc Orella spielt Félix Leiva. Produziert wurde der Film von Mercedes Gamero, Adrián Guerra, Sandra Hermida, Mikel Lejarza, Eneko Lizarraga und Núria Valls. Die Kameraarbeit übernahm Xavi Jiménez, den Schnitt Jaume Martí und die Filmmusik komponierte Fernando Velázquez.

Die Dreharbeiten begannen im März 2015 und endeten im Juli desselben Jahres. Gedreht wurde im Parc Audiovisual de Terrassa, in Barcelona, in der baskischen Provinz Bizkaia sowie im Hochtal von Núria. Dort entstanden die Szenen des Berghotels, das nur mit einer Zahnradbahn erreichbar ist. Der Film feierte seine Premiere am 23. September 2016 beim Fantastic Fest in Austin. In Spanien lief er am 6. Januar 2017 im Kino und erschien am 23. Februar 2017 auf DVD.

Das Produktionsbudget betrug rund vier Millionen Euro. An den internationalen Kinokassen spielte der Film rund 30,7 Millionen US-Dollar ein, wobei allein in China über 25 Millionen US-Dollar erzielt wurden. Trotz verhaltener Kritiken in Spanien entwickelte sich der Film durch seine spätere internationale Auswertung zu einem großen Erfolg. „Der unsichtbare Gast“ inspirierte zudem sechs Remakes in verschiedenen Sprachen.

Inhalt & Handlung vom Film „Der unsichtbare Gast“

Adrián Doria befindet sich wegen Verdacht auf Mord an seiner Geliebten Laura Vidal unter Druck. Die Anwältin Virginia Goodman besucht ihn in seinem luxuriösen Apartment und beginnt intensiv mit ihm zu arbeiten. Sie verlangt klare Fakten, weil der Fall ihm die Freiheit kosten könnte. Adrián schildert eine schwache Verteidigungsvariante über einen fremden Täter, der angeblich Laura erschlug. Er trägt die Tatwaffe und die Leiche, findet die Polizei bei ihm. Er behauptet, ein Eindringling habe Geld verstreut und die Leiche deponiert. Dieser Vorschlag wirkt jedoch nicht stichhaltig. Goodman weist ihn auf die mangelnde Glaubwürdigkeit der Geschichte hin.

Anschließend verlangt Goodman seitens Adriáns gesteht vollständige Wahrheit über seine Beziehung zu Laura. Sie korrigiert seine Version und fordert offen Details vom Unfall. Dann erzählt Adrián ein Gebirgserlebnis, in dem er Laura auf einem Ferienhauswochenende begleitete. Währenddessen hielt die Familie ihn nach eigener Aussage geschäftlich in Paris. Auf Rückfahrt geschieht ein Wildunfall, bei dem ein junger Mann ums Leben kommt. Laura zwingt Adrián, keine Polizei zu rufen und stattdessen Fahrerflucht zu begehen. Zusätzlich verhindert er eine Identifizierung, weil ein Zeuge die Unfallstelle sichtete. Danach eskaliert die Situation durch gefährliche Entscheidungen.

Die Wahrheit über die wahren Täter

Daraufhin beschreibt Adrián, wie sie den Toten verstecken, weil ein drittes Fahrzeug die Szene passierte. Sie täuschen vor, Unfallbeteiligte zu sein und verschleiern alle Spuren. Sie verbergen den Leichnam im Kofferraum und entsorgen das Auto nachts in einem Stausee. Anschließend holt Laura ihn ab mit repariertem Fahrzeug. Das funktionierte dank Hilfe eines Einheimischen, der das Fahrzeug instand setzte. Beim Gespräch mit seiner Frau erkennt Laura, dass diese Eltern des Unfallopfers sind. Daraufhin endet das Gespräch abrupt und sie verlässt das Haus ohne Abschied. Daraufhin verschrottet Adrián das eigene Fahrzeug mit gefälschter Diebstahlanzeige.

Später vernimmt die Polizei Adrián im Büro, weil sie das Kennzeichen vom zerstörten Wagen notiert. Tomás Garrido identifiziert das Fahrzeug anhand der Reparatur. Adriáns Anwalt Félix präsentiert fingierte Tickets und Hotelbelege, um den Paris-Aufenthalt vorzutäuschen. Er unterstützt Adrián damit rechtlich, doch dieser nimmt wieder Kontakt mit Laura auf. Die Polizei überwacht dieses Gespräch. Adrián präsentiert Goodman erneut eine Verschwörung durch einen Erpresser, der die Tat inszenierte. Er behauptet, der Autofahrer vom Unfallort habe alles vertraut beobachtet. Sie verwarf die Theorie sofort, weil sie zu kompliziert erschien und keine eindeutig stützenden Belege enthielt.

Danach öffnet Goodman Adrián eine alternative Darstellung mit Rachemotiv der Eltern. Sie präsentiert Pressefotos, laut denen die Mutter des Opfers im Hotel arbeitete. Ihre Idee lautet: Tomás und Elvira Garrido planten gezielt das Verbrechen aus Rache für Daniel. Sie behauptet, die angebliche Zustimmung zur Version Laura habe Adrián schützen sollen. Schließlich macht sie Adrián glauben, Laura habe die Tat allein gesteuert. In der letzten Version gesteht er Laura erschlagen zu haben. Er fühlt sich entlastet und bestätigt die Geschichte. Kurz danach verlässt die vermeintliche Anwältin das Apartment und an der Tür erscheint eine zweite Virginia Goodman-Figur.

Filmkritik und Fazit zum Film „Der unsichtbare Gast“

Der unsichtbare Gast“ erzeugt auf subtile Weise kontinuierliche Spannung durch wechselnde Narrative und überraschende Enthüllungen. Er legt Stück für Stück offizielle und inoffizielle Versionen eines Falles dar und zwingt zum ständigen Zweifel. Er zeigt, wie Adrián seine Varianten ständig anpasst, bis die Hauptfigur sich selbst überführt fühlt. Trotz gelegentlicher Logiklöcher bleibt die Entwicklung nachvollziehbar. Der Umgang mit verschiedenen Perspektiven wirkt raffiniert und präzise konstruiert, ohne auf Effekthascherei zu setzen. Dieser erzählerische Aufbau erfordert Geduld, doch zahlt sich durch den investiven Spannungsaufbau aus.

Zudem fängt der Film Ambivalenz und moralische Fragestellungen überzeugend ein. Er lässt Adrián erst empathisch erscheinen, bevor er nach und nach als berechnend auftritt. Er stellt Laura als manipulative Figur dar, die mehrfach das Blatt wendet und ihre Rolle nutzt. Auch Virginia/Elvira bleibt lange rätselhaft und wechselt schließlich die Seite ohne Ankündigung. Dadurch wirken die Charaktere nicht schematisch. Hier entsteht eine moralische Grauzone, in der Schuld, Vertuschung und familiäre Rache direkt aufeinandertreffen. Der Verlauf beendet jede Sympathie mit dem Protagonisten konsequent.

Abschließend überzeugt „Der unsichtbare Gast“ mit dem finalen Twist, der durch ständige Relativierung aller vorherigen Versionen entsteht. Die Enthüllung, dass die vermeintliche Anwältin eine Opferfamilienmutter ist, killt den letzten Zweifel. Sie zeigt, wie Täuschung zu Selbstverrat führt. Kurz darauf stoppt jeder Verteidigungsansatz. Dieser Schluss im Film wirkt stimmig, weil er organisch vorbereitet ist. Er bleibt kraftvoll, weil er keine offenen Fragen mehr lässt. Die plötzliche Umkehr hinterlässt einen bleibenden Eindruck und zwingt zur Erinnerung an das Gesehene.

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